Seit über 20 Jahren sind in der Schweiz kaum Verbesserungen der Agrarumweltqualität festzustellen. Die Umweltziele Landwirtschaft werden mehrheitlich nicht erreicht, obwohl die Landwirtschaft eine übertriebene Ökologisierung auf Kosten der Produktion beklagt und obwohl nur Landwirtschaftsbetriebe Anspruch auf Direktzahlungen haben, die angeblich den sogenannten Ökologischen Leistungsnachweis ÖLN erfüllen.
Heute sind die Direktzahlungen mehrheitlich produktionsgebunden (Fläche, Kultur, …) oder sie werden für bestimmte Produktionsverfahren (Bio, Extenso, …) ausbezahlt. Auch Direktzahlungen, die die Umweltqualität fördern sollen, sind grösstenteils nicht an Ergebnisse wie beispielsweise eine verminderte Gewässerbelastung gebunden. Schon vor Jahrzehnten wurde in der Agrarökonomie diskutiert, wie finanzielle Anreize ausgestaltet werden könnten, um die Landwirtschaft zu motivieren, weniger umweltbelastend zu produzieren. Siehe beispielsweise Baur (1999) und die dort zitierte Literatur (Baur (1999). Öko-Ausgleich – vom Zufallsprodukt zur ökologischen Leistung, AgrarForschung 6(1):5-8 ).
Seit ein paar Jahren wird das Thema erneut in der Schweizer Agrarpolitik diskutiert. Das Bundesamt für Landwirtschaft beauftragte seine Forschungsanstalt Agroscope und das Unternehmen Flury & Giuliani GmbH mit einer Studie mit dem Ziel, zu klären, wie ein indikatorbasiertes Direktzahlungssystem (IDZ-System) mit ergebnisorientierter Ausrichtung aussehen könnte; und ob damit die Agrarumweltziele in den Bereichen Biodiversität, Ammoniak- und Treibhausgasemissionen, Nitrat- und Phosphorauswaschung, Pflanzenschutzrisiken und Bodenfruchtbarkeit erreicht werden könnten, bei gleichzeitiger «Reduktion der Systemkomplexität und des administrativen Aufwands».
Priska Baur wurde als Fachexpertin Agrar- und Umweltökonomie für einen Workshop mit vorgängigem Interview eingeladen. Am Workshop nahmen rund 20 VertreterInnen hauptsächlich von kantonalen Landwirtschaftsämtern, Bundesamt für Landwirtschaft und Agroscope teil.
Aus Sicht Priska Baur vermag die Idee eines indikatorbasierten Direkzahlungssystems aus theoretischen und praktischen Gründen nicht zu überzeugen. Durch die Landwirtschaft entstehen mehrheitlich sogenannt «diffuse» Umweltbelastungen (englisch: nonpoint source pollution). Die Nährstoffbelastung eines Sees beispielsweise lässt sich nicht auf einen bestimmten Schweinemastbetrieb zurückführen. Es ist nicht nur eine Frage ungenügender Daten, sondern es geht um grundsätzliche Unsicher- und Ungewissheiten. In einem konkreten Naturraum tragen viele Akteure in komplexen Ursache-Wirkungs-Gefügen zu einer gemessenen Umweltqualität bei, etwa der Belastung von Trinkwasser mit Nitraten und Pestiziden oder im günstigen Fall zum Artenreichtum einer Wiese.
Basis eines Direktzahlungssystems, das die Umweltziele besser und effizient erreicht, ist eine weitere Entkopplung von Produktion und Direktzahlungen, verbunden mit mehr Marktorientierung. Die heutigen Direktzahlungen wirken in der Schweizer Landwirtschaft mehrheitlich als Faktorsubventionen; sie fördern die Agrarpoduktion und tragen damit zu mehr Umweltbelastungen bei. Zielführend wäre, einen grossen Teil der heutigen Direktzahlungen in einen produktionsunabhängigen Betriebsbeitrag umzuwandeln und zeitlich degressiv auszugestalten.
Ergänzend könnten für ausgewählte Aspekte finanzielle Anreize eingeführt oder ausgebaut werden, die Handlungs- und Ergebnisorientierung kombinieren (Sockel-Bonus-Modell). Für ergebnisorientierte Direktzahlungen eignen sich lokalisier- und zuordenbare Aktivitäten, deren Wirkung vergleichsweise einfach messbar ist, beispielsweise eine naturräumlich vielfältige Landschaft, eine artenreiche Blumenwiese oder eine Tierhaltung, die das Tier tatsächlich als Lebewesen respektiert.
Zum Schluss: Mit einem indikatorbasierten Direktzahlungssystem die Umweltziele zu erreichen bei gleichzeitiger «Reduktion der Systemkomplexität und des administrativen Aufwands» ist meiner Meinung nach eine unlösbare Aufgabe.